Scham, Schuld, Erbsünde

Als wir Zuhause verließen, empfanden wir zum ersten Mal Scham und Schuld. Wir waren gerade dabei, in die Feuerwand zu gehen. Was soviel bedeutet wie, wir waren dabei, die Grenzen des Bewusstseins, das in der Einheit herrschte, zu überschreiten, um uns selbst als singuläres, autonomes Bewusstsein zu entdecken. Aber das wussten wir noch nicht.

Wir bettelten und flehten: „Bitte Mutter, Vater, holt uns wieder zurück! Bitte! Jetzt! Wir wollen wieder zurück nachhause!“ Aber es half nichts. Wir drifteten immer weiter ab und entfernten uns immer weiter von Zuhause. Wir glaubten, wir hätten etwas falsch gemacht, oder wir hätten alles falsch gemacht. Dabei waren wir doch einfach nur, wie wir waren, wie wir immer waren. Und wir taten, was wir immer getan hatten. Und jetzt diese Katastrophe! Wir fühlten uns schuldig durch und durch, und wir schämten uns für unsere Taten und unser Sein, durch und durch.

Wenn du dies nicht nur liest sondern auch fühlst, müssten jetzt viele Erinnerungen in dir hochkommen. Erinnerungen daran, wie du als Kind bestraft wurdest, weil du einfach nur du warst, weil du warst, wie du warst. Erinnerungen an viele, viele Situationen, in denen du dich geschämt hast. Du hast dich dafür geschämt, so zu sein, wie warst. Und du hast dich schuldig gefühlt, immer wieder schuldig. Die Glaubenssysteme, die du von der Gesellschaft und den Religionen gelernt hast, bestätigten immer deine Schuld. Und vielleicht steigt in dir auch eine vage Erinnerung daran auf, als du damals mit deinen Spielkameraden Zuhause verlassen hast und dein Leben dann sehr schnell mehr als ungemütlich geworden ist.

Im christlichen Glauben gibt es die Erbsünde. Die Vorstellung dahinter ist, dass jeder Mensch als Sünder geboren wird, dass ein Leben ohne Sünde gar nicht möglich ist. Die Erbsünde bezeichnet keine konkrete Sünde, keine konkrete sündhafte Tat, sondern ein generelles, grundsätzliches Schuldigsein. Das hat natürlich zur Folge, dass der Mensch ständig daran arbeiten muss, sich von der Sünde, der Schuld zu befreien, obwohl das im Christentum eigentlich gar nicht möglich ist, weil es dem Menschen immanent ist, Sünder zu sein. Für die Christen besteht die einzige Möglichkeit, weniger sündhaft zu sein, darin, sich Gott zuzuwenden. Gemeint ist damit natürlich der eine, große Gott, der alles erschaffen hat und über alles wacht. Dieser Gott hat irdische Repräsentanten, die Priester. Sie interpretieren Gottes Willen. Der angebliche Wille Gottes wurde freilich von Menschen erschaffen, ebenso wie Gott selbst. Aber dieses System ist hervorragend dazu geeignet, in Menschen permanent ihr Schuldgefühl zu schüren – und den einzig möglichen Ausweg zu eröffnen. Das gibt den Priestern sehr viel Macht. In der Tat waren bis vor 200 Jahren Priester die mächtigsten Menschen mit einem schier übergroßen Einfluss auf alles menschliche Leben.

Du hast Zuhause verlassen und fühltest dich schuldig dafür und schämtest dich dafür. Genau darauf basiert das christliche Konzept der Erbsünde. Gläubige Christen würden mir natürlich heftig widersprechen, aber was wissen die schon. Die schlafen ja tief und fest.

Dennoch hilft die christliche Vorstellung der Erbsünde uns dabei, unsere Schuldgefühle besser zu verstehen. Du kennst sicher diese subtilen Schuldgefühle in dir. Du kennst sicher auch ganz konkrete Schuldgefühle, die meine ich aber nicht. Du fühlst dich immer wieder ganz allgemein schuldig. Ich kenne viele Menschen, die in ihrem Erwachensprozess schon sehr weit gegangen sind, die kennen diese subtile Schuld, von der ich spreche, in der Regel besser. Weil sie sich bereits sehr vieler Dinge in ihnen bewusst geworden sind. Sie fragen sich, woher diese Schuld kommt, woher diese Scham kommt und woher diese Angst kommt.

Eine konkrete Schuld aus einer konkreten Tat ist erst durch die allgemeine, grundsätzlich Schuld möglich. Das kennst du sicher auch. Du tust einfach, was du tust, und im Nachhinein sagt etwas in dir: „Das hättest du nicht tun sollen!“ Und dann fühlst du dich schuldig für diese konkrete Tat. Diese Schuld ist aber nur durch die allgemeine Schuld möglich, durch die Erbsünde.

Die christlichen Religionen sagen, wir werden als Sünder geboren. Ich sage, wir haben eine subtile, aber tiefe Erinnerung an das, was ich Urschuld nennen könnte, nämlich an das Verlassen von Zuhause. Freilich spüren wir das nicht bei der Geburt, sondern erst etliche Jahre später. Aber es ist sozusagen die Erblast, die wir mit uns herum tragen.

Die christlichen Religionen sagen, wir müssen ständig daran arbeiten, weniger sündhaft zu leben. Ich sage, das tut jeder von uns die ganze Zeit. Ich habe kürzlich in meinen vorigen Blogeinträgen darüber geschrieben. Da ist das ständige, subtile Gefühl, nicht gut genug zu sein. Und da ist der ständige Drang, etwas tun zu müssen. Mit dem Tun-müssen wollen wir uns von der Schuld befreien. Wer kennt das nicht, dass er sich nach getaner Arbeit besser fühlt? „Ah, heute habe ich wieder viel geschafft. Das tut richtig gut.“ Und wer kennt das nicht, dass er sich schlechter fühlt, wenn er nichts getan hat? Du fühlst dich schnell schuldig, wenn du längere Zeit nichts tust. Und dann bist du ganz und gar nicht gut genug.

Du fühlst dich schlecht, wenn du Erwartungen nicht erfüllen kannst. Und du fühlst dich noch schlechter, wenn du diese Erwartungen einfach nicht erfüllst, ob du kannst oder nicht. Es ist dabei egal, ob die Außenwelt diese Erwartungen an dich hat oder du selbst. Letztlich sind es immer deine eigenen Erwartungen, denn die Erwartungen der Außenwelt wären dir völlig egal, wenn du sie nicht auch selbst hättest. Wenn dir jedoch bewusst ist, dass es nur deine eigenen Erwartungen sind, die du nicht erfüllst, fühlst du dich noch schlechter.

Zurück zur Urschuld und zur Erbsünde. Wir haben Zuhause verlassen. Jeder von uns, ohne Ausnahme. Danach erlebten wir Schreckliches. Also fühlten wir uns wirklich, wirklich schuldig und versanken in Scham. Wir waren beschmutzt, sozusagen.

Vielleicht ist dir die Formulierung aufgefallen, die ich die ganze Zeit verwende. Ich sage, „Wir fühlten uns schuldig“, und nicht, „Wir waren schuldig“. Wir waren nämlich nie schuldig, wir sind es auch heute nicht. Ganz im Gegenteil. Ich könnte sagen, wir haben brav unsere Aufgabe erfüllt. Das Urbewusstsein hat mit seiner Frage „Wer bin ich?“ einen zweiten Aspekt seiner selbst erschaffen. Diese zwei Aspekte haben unzählige weitere Aspekte ihrer selbst erschaffen. Das war der erste Schöpfungskreis. Bewusstsein dehnt sich immer weiter aus. Es war der Wille und die Absicht von Bewusstsein, über diesen ersten Schöpfungskreis hinaus zu gehen. Dieses Darüber-hinaus-Gehen war unser Verlassen von Zuhause, und dieses Zuhause gibt es seitdem nicht mehr. Das heißt, es gibt es nicht mehr in jener Form. Stattdessen ist Zuhause in jedem von uns.

Wir haben also einfach nur nach Plan gehandelt. Dass wir das mit einem riesigen Schuldgefühl versahen, war unsere eigene Schöpfung. Und an dieser Schöpfung kauen wir bis heute. Weil wir uns nicht dessen bewusst sind, dass wir gar nicht schuldig sind und nie waren. Dieselbe subtile Schuld, die du fühlst, fühl(t)en deine Eltern und deren Eltern und deren Eltern … Das ist das, was die Christen Erbsünde nennen.

Aber jetzt gibt es das Phänomen des Erwachens. Im Erwachen erfahren wir so viel mehr über uns selbst als jemals zuvor. Und im Erwachen haben wir die große Möglichkeit, den Ursprung der Schuld zu erkennen und darüber hinaus zu realisieren, dass wir gar nicht schuldig sind. Nämlich keiner Sache, für die wir uns je schuldig gefühlt haben. Das geht ganz ohne Absolution. wink Und das ist das Ende einer langen, langen Ära und gleichzeitig der Beginn einer neuen.


An dieser Stelle drängt sich ein Blick in die Welt auf. Schauen wir noch einmal auf das christliche Bild der Erbsünde und den christlichen Lösungsweg. Du bist als Sünder geboren, ein Leben ohne Sünde ist gar nicht möglich. In der heutigen Welt bist du ein infizierter Mensch, ein Leben ohne Infektion ist praktisch nicht möglich. Auch wenn du gesund bist und nie krank warst, wird dir eingeredet, dass du Träger einer Infektion bist.

Du musst ständig daran arbeiten, weniger sündhaft zu leben. Das heißt heute: Immer Maske tragen, dich ständig testen lassen, dich impfen lassen und dann dennoch weiterhin dich testen lassen, denn ein Leben ohne Infektion (ohne Sünde) ist nicht möglich. Du musst ständig daran arbeiten, deine Infektion im Zaum zu halten, also dich selbst klein zu halten.

Bei den Christen ist der einzige Lösungsweg die Hinwendung zu Gott. Heute ist der einzige Lösungsweg die Hinwendung zu Big Brother und Big Pharma. Wohlgemerkt: Es gibt in beiden Fällen nur einen einzigen Lösungsweg! Das widerspricht zwar jeder menschlichen Erfahrung, aber dennoch sind Menschen gerne bereit, das zu glauben.

Im Christentum, vor allem in der katholischen Kirche, hat das Wacheln mit der Erbsünde zu uneingeschränkter Macht der Kirche geführt. Nicht einmal Könige und Kaiser konnten sich dieser Macht entziehen. In der heutigen Welt führten die Maßnahmen zu uneingeschränkter Macht der jeweiligen Regierung. Aber mehr noch zu noch größerer Macht der Drahtzieher in den Eliten dahinter. Sie spielen Gott, niemand kennt sie so genau.

Im späten Mittelalter hat die katholische Kirche die sogenannten Ablasszahlungen eingeführt. Man hat den Menschen eingeredet, sie könnten sich mit Zahlungen an die Kirche von ihren Sünden freikaufen. Das heißt, nicht ganz. Die Sünden blieben bestehen, aber die Kirche gewährte einen Gnadenakt. Das war ein Dauerbrenner. (Noch eine Impfung und noch eine und noch eine …) Sinn der Sache war jedenfalls, den Reichtum der Kirche zu vermehren. Die ganze Pracht und der ganze Luxus und die ganze Verschwendung mussten schließlich finanziert werden. In der heutigen Welt erleben wir, dass seit März 2020 die Superreichen noch viel schneller noch viel reicher werden als davor.

Es gibt also nichts Neues unter der Sonne.

Oder doch? Am Ende des Mittelalters kam Martin Luther und brachte kräftig Wirbel in die kirchlichen Machenschaften. Ihm kam zu Hilfe, dass unmittelbar vor ihm Johannes Gutenberg lebte und den Buchdruck erfand. Die Kirche ächtete das „Teufelswerkzeug“ Buchdruckmaschine, weil sie dadurch ihr Wahrheitsmonopol (!) verlor. Plötzlich konnte jeder Mensch selbst lesen, was in der Bibel stand und was nicht. Luther konnte die Bibel sowohl in der lateinischen Übersetzung als auch im griechischen Original lesen, was der Kirche gar nicht gut bekam.

Jedenfalls wurde Luther für viele Menschen zum Helden, seine Anhängerschaft wurde immer größer. Das löste den 30jährigen Krieg aus, Luther wurde jahre- und jahrzehntelang verfolgt. Und er überlebte, es wurde ihm kein Haar gekrümmt.

Gutenberg und Luther (und viele andere) markierten eine Zeitenwende, vom Mittelalter zur Neuzeit. Nach Luther gab es eine alte und eine neue Welt. Heute leben wir wieder in einer Zeitenwende. (Alle 500 Jahre gibt es einen wirklich großen Bewusstseinssprung. Rund um 1500 war der vorletzte, rund um 2000 der letzte.)

Wer sind die heutigen Gutenbergs und Luthers und Columbi und Galileis etc.? Du und ich und all die anderen, erwachenden Menschen, die lernen, ihre geglaubte Schuld dahin ziehen zu lassen. Und wende dich Gott zu. Was nicht weniger bedeutet als, wende dich dir zu. heart Genau das begünstigt die heutige Zeit massiv.