Das neue Lernen

Wie funktioniert traditionelles Lernen? Der Schüler geht davon aus, dass der Lehrer oder das Buch oder der Film etwas weiß, was er selbst nicht weiß. Er nimmt die Informationen auf und speichert sie in seinem Hirn. Im besseren Fall verknüpft er diese Informationen mit anderen, die er schon aufgenommen und gespeichert hat. Und dann glaubt er, mehr zu wissen als zuvor. Bei Bedarf werden diese Informationen abgerufen. Nach und nach wird der Pool an Informationen immer größer.

Alles spielt sich im Verstand ab. Der Verstand ist exakt dasselbe wie ein Computer, denn Computer wurden nach dem Vorbild des Verstandes konstruiert. Der Verstand besteht aus einer sehr großen Datenbank und einem Prozessor. Er nimmt Informationen auf, speichert sie, verarbeitet sie, verknüpft sie, ruft sie wieder ab und gibt sie wieder. Wie ein Computer. Der einzige Unterschied ist, dass die Informationen im Verstand unstrukturiert vorhanden sind, im Computer werden sie strukturiert.

Man sieht das sehr schön, wenn ein Mensch mittleren Alters, der schon über sehr viele Informationen verfügt, vor einer Entscheidung steht oder sich eine Frage stellt. Sein Verstand liefert ihm einfach alle Informationen, über die er verfügt. Und die sind in der Regel widersprüchlich. Der Mensch fragt sich: „Wie soll ich mich verhalten?“ Der Verstand sagt: „Halte dich zurück! Geh aus dir heraus und sag deine Meinung! Es ist egal, wie du dich verhältst.“ Alles gleichzeitig. Man sieht sehr schön, dass der Verstand als Entscheidungsinstanz völlig unbrauchbar ist.

Traditionelles Lernen funktioniert ausschließlich auf den Ebenen 1 und 2. Daher kann man durch diese Art von Lernen niemals zu Erkenntnis gelangen. Die Instanz, die zu Erkenntnis fähig ist – also das Herz und die Seele – bleibt beim traditionellen Lernen völlig außen vor. Wundere dich also nicht, wenn du mit altem Lernen nicht zur Erleuchtung gelangst.

Neues Lernen hingegen funktioniert auf den Ebenen 3 und 4, also mit der Instanz, die zu Erkenntnis fähig ist bzw. die die Erkenntnis hervorbringt. Fundamentaler könnte der Unterschied zwischen altem und neuem Lernen nicht sein!

Was heißt das konkret? Du nimmst natürlich nach wie vor Informationen vom Lehrer/Buch/Film auf. Aber anstatt sie einfach in deinem Verstand zu speichern, achtest du darauf, was diese Informationen in dir auslösen. Du achtest auf die Resonanz in dir. Es ist so, wie wenn jemand in einem Raum Gitarre spielt. Wenn er bestimmte Töne auf den Saiten zupft, vibriert plötzlich ein Glas oder eine Fensterscheibe. Das ist die Resonanz des Glases oder der Fensterscheibe. Du achtest also beim Aufnehmen der Informationen auf deine Resonanz.

Die Resonanz ist immer da, auch bei tief schlafenden Menschen. Sie sind es bloß gewöhnt, diese Resonanz zu ignorieren und stattdessen ihren Verstand zu füttern. Du achtest also auf dein Gespür, du liest/hörst/siehst mit deinem Gespür, nicht mit deinem Verstand. Es ist gut möglich, dass bei dieser Art zu lernen die Informationen überhaupt nicht im Verstand landen, dass du sofort oder bald die Informationen wieder vergisst. Das macht nichts, denn das Wesentliche ist bei dir angekommen. Es wäre sogar treffender zu sagen, dass das Wesentliche aus dir heraus gekommen ist.

Beim neuen Lernen lernst du nämlich in Wahrheit nicht vom Lehrer/Buch/Film, sondern von dir selbst. Das kann gar nicht anders sein. Du liest zB ein Buch, das 300 Seiten umfasst. Bei 100 Seiten spürst du eine starke Resonanz in dir, bei den anderen 200 nicht. Im alten Lernen wärest du geneigt, den Autor für weiser zu halten als dich selbst, und würdest versuchen, alle 300 Seiten möglichst genau zu speichern – und später wiederzugeben. Im neuen Lernen zählen für dich nur die 100 Seiten, die anderen 200 sind völlig unwichtig. Die 100 Seiten haben dir etwas gezeigt, was schon in dir vorhanden war, du hast es bloß vorher nicht gesehen, oder nicht in dieser Klarheit und Deutlichkeit gesehen. Du hast also von dir selbst gelernt. Du hast gelernt, über welche Weisheit du selbst verfügst. Du hast einen Teil oder einen Aspekt deiner eigenen Wahrheit kennen gelernt. Die Gesamtaussage des Autors in diesem Buch könnte eine ganz andere gewesen sein, aber das ist unwichtig. Wichtig ist die Resonanz, die diese 100 Seiten in dir ausgelöst haben.

Ein Lehrer, auch wenn er vollständig erleuchtet ist und nur blanke Wahrheit spricht, kann keine Weisheit haben, über die du nicht verfügst, denn jedes beseelte Wesen hat in sich das gesamte Wissen der Schöpfung. Der Unterschied zwischen dem erleuchteten Lehrer und dem Schüler besteht nur darin, dass sich der Lehrer seines Wissens bereits gewahr wurde, der Schüler noch nicht, nicht in vollem Umfang. Das ist auch nicht verwunderlich in der menschlichen Existenzform, in der es das totale Vergessen gibt und der Mensch noch mit Tonnen von irreführenden Glaubenssystemen überfrachtet wird.

Natürlich erfährst du speziell beim Thema Erwachen Informationen, die für dich völlig neu und unglaublich klingen. Eben aus Gründen der menschlichen Existenzform. Aber du lernst eben auf neue Art, du achtest auf die Resonanz und auf dein Gespür. So erfährst du, was für dich wahr, echt und richtig ist. Egal, wie neu und unglaublich die Informationen für dich klingen mögen.

Aufgrund der unterschiedlichen Art des Lernens kann ein erwachter Lehrer niemals schlafende Menschen lehren. Er kann ihnen nicht erklären, was Erwachen ist und was es mit sich bringt. Denn schlafende Menschen wollen nur Informationen für ihren Verstand und überprüfen diese anhand ihrer extrem begrenzten und total manipulierten Glaubenssysteme. Und so können sie nicht einmal ansatzweise verstehen, wovon der Erwachte spricht. Erwachende Menschen hingegen sind offen für die Gesamtheit der Schöpfung, was gleichbedeutend damit ist, dass sie offen für sich selbst sind. Sie können den Erwachten verstehen.

Wenn du konsequent auf neue Art lernst und das alte Lernen links liegen lässt, führt das automatisch in deine Souveränität und erzeugt ein großes Vertrauen in dich selbst. Denn du aktivierst deine Instanz der Erkenntnis, deine Seele. Du bemerkst, dass du immer von dir lernst, nicht von anderen. Du entdeckst deine eigene Weisheit. Klingende Namen großer Meister und Gurus verlieren an Bedeutung, wichtig wirst immer mehr nur du. Und so erwachst du schneller, weil du ständig mit deiner Seele zusammenarbeitest.

Lehrer sind für dich wichtig als Inspiration, als diejenigen, die die Resonanz in dir auslösen, damit du von dir selbst lernen kannst. Sie sind die Anschubser, die etwas in dir zum Klingen bringen. Aber sie sind nicht die Besitzer von unumstößlichen Wahrheiten. Im neuen Lernprozess benötigst du Lehrer im Lauf der Zeit immer weniger, sie verlieren immer mehr an Bedeutung.

Das neue Lernen bringt es mit sich und setzt letztlich voraus, dass der Schüler seine Verantwortung für sich selbst übernimmt. Nach dem, was ich beschrieben habe, ist das auch völlig evident. Denn der Schüler betrachtet den Lehrer nicht als weiser als sich selbst, sondern nur als jemand, der schon mehr seiner Weisheit entdeckt hat. Der Schüler realisiert mehr und mehr, dass er immer nur von sich selbst lernt, und das liegt alleine in seiner eigenen Verantwortung. Das hat zur Folge, dass ein neuer Schüler niemals von einem Lehrer erwartet, seine Probleme zu lösen, denn das kann er nicht.

Das neue Lernen funktioniert natürlich nicht nur, wenn es ums Erwachen geht, sondern immer und überall. Du liest ein Geschichtsbuch und achtest nur auf deine Resonanz. Dann stellst du schnell fest, dass du das meiste Zeug darin gar nichts glaubst. Es steht ohnehin größtenteils nur Unsinn drin. Von dem, was wirklich geschehen ist, hat der Autor einen winzigen Teil an Informationen. Die werden dann durch seinen eigenen Glauben und seine Wünsche, wie es sich abgespielt haben soll, bis zur Unkenntlichkeit verfälscht. Was übrig bleibt, ist dann ziemlich unbrauchbar.

In der (Natur-)Wissenschaft gibt es Zensur und einen Mainstream, von dem man nicht abweichen darf. Ein Wissenschaftler, der auf neue Art lernt, kommt zu gänzlich anderen Erkenntnissen als das, was der Mainstream sagt und was uns als wissenschaftliche Wahrheit verkauft wird.

Schließlich möchte ich noch anmerken, dass über das neue Lernen bereits 1940 (!) ein ganzes Buch veröffentlicht wurde. How to Read a Book (Wie man ein Buch liest) von Mortimer J. Adler und ‎Charles Van Doren. Vom amerikanischen Original gibt es unter obigem Link auf Google Books eine Leseprobe, von der deutschen Ausgabe leider nicht.

Kommentare

Ach wow, ich dachte lange Zeit, ich wäre strohdumm, eben weil ich mir so vieles nicht merken konnte. :D
Die letzten ca 2 Jahre musste ich lernen dazu zu stehen und auch zu sagen: Hey, ich hab keine Ahnung, wie mein Hirn funktioniert, es scheint halt nur raus zu filtern, was ihm/mir wichtig ist. Ich kanns nicht beeinflussen. Der Rest ist gelöscht.

Seit kurzem kann ich es aber erst richtig annehmen, weil ich mitbekomme, wie "es" mich zu den Büchern, den Zeilen führt, die ich gerade "brauche". Jetzt kann ich das Buch danach auch locker weglegen.
Danke und viele Grüße an dich

Liebe Anna,

sei dir sicher, dass du nicht strohdumm bist. Immer.

Ein Buch, das zu deinem aktuellen Bewusstsein passt, kann eine gute Unterstützung sein. Aber der Hauptpfeiler deines Lernens und deiner Entwicklung sollte immer dein Gespür sein. Dieses Gespür sagt dir auch, ob ein bestimmtes Buch oder ein bestimmter Text jetzt gerade richtig für dich ist oder nicht.

Liebe Grüße

Reiner

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Wahnsinn!
Hab' früher spirituelle Bücher ohne Ende verschlungen, dachte auch das ich dadurch immer ein Stück weiter gekommen bin.
Aber dann war ich irgendwie satt, ich mochte nicht mehr, für meinen Verstand war das sehr frustrierend.
Erst jetzt auf deiner Seite (bin durch "Zufall" darauf gestoßen), finde ich wieder soviel bei dem ich absolute Resonanz empfinde.
Besten Dank dafür!

Ja, ja, der „Zufall". laughIrgendwann lernt jeder, der wirklich erwacht, dass er zuvor mit der Spiritualität hauptsächlich den Verstand bedient hat. Und irgendwann stellt er fest, dass er auf sein Gespür hören muss. Das ist der unfehlbare Wegweiser.

Ich freue mich, dass du hier auf Resonanz stößt. smiley Und hoffe, dass du meine Website nach der Art des neuen Lernens liest und genießt. wink

LG, Reiner