Wenn du nicht aufgeben kannst

Vor einigen Wochen wollte ich einen Eintrag mit dem Titel „Wenn du dir nicht vertrauen kannst“ schreiben, doch irgendwie wollte dieser Eintrag nicht raus. Nach ein paar Tagen bin ich draufgekommen, dass ich genau darüber schon vor vier Jahren geschrieben habe, und ich will ja nichts verdoppeln. Ich empfehle diesen Eintrag auch als Einleitung zu meinem heutigen. Ich schrieb dort unter anderem: „Wenn du dir nicht vertrauen kannst, hilft nur eines: aufgeben.“ Nun ist das Aufgeben aber oft auch nicht so leicht, wie es sich anhört, deshalb schreibe ich heute darüber. Ich beginne mit meinen persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen.

Ich habe in meinem erwachten Leben nicht öfter als dreimal wirklich komplett aufgegeben. (An die Zeit davor erinnere ich mich nicht mehr so genau.) Das hat dann allerdings alle meine Probleme auf einen Schlag umgehend gelöst, fast augenblicklich. Ich war aber öfter in schwierigen Lebenslagen, als ich aufgegeben habe. In solchen Lebenslagen habe ich dann gerne zu mir gesagt: „Ich gebe auf.“ Und habe im selben Moment gespürt, dass ich es nicht ernst gemeint habe. Ich hatte mich daran erinnert, wie schön und auflösend das Aufgeben immer war, wenn ich es getan hatte. Aber meistens war es mir ums Verrecken nicht möglich, wirklich aufzugeben.

Vor ein paar Wochen habe ich mit einer Freundin genau darüber gesprochen, und ihr ging es genauso. Dieses Gespräch hat mich auch dazu inspiriert, darüber zu schreiben.

Ich habe festgestellt, dass ich nur dann aufgeben konnte, wenn alles, wirklich alles, komplett im Eimer und komplett aussichtslos war. Wenn es wirklich nichts gegeben hat, was ich tun hätte können. Dann hat es praktisch keine andere Option gegeben als aufzugeben. Dann ist es mir leicht gefallen, alles loszulassen und aufzugeben. Doch Sobald mein Verstand auch nur den kleinsten und schmalsten Weg gesehen hat, irgendwie weiter zu wursteln, war mir das Aufgeben nicht möglich.

Was ich auf der anderen Seite wirklich gut kann, ist loszulassen. Das habe ich über die Jahre sehr gut gelernt. Beim Loslassen geht es meinem Empfinden nach um einzelne, konkrete Dinge, meistens Wünsche, während es beim Aufgeben um mein Leben als Ganzes geht. Ich sage einfach zu mir: „Ich lasse diesen Wunsch / dieses Ansinnen / dieses Vorhaben los.“ Wohlgemerkt, ich denke es nicht, ich sage es, mit meiner Stimme. Und nachdem ich das dann wirklich so meine, also wirklich bereit dazu bin, diese Sache loszulassen, ist es schon passiert, sobald ich es ausgesprochen habe. Und tatsächlich ändert sich dann die betreffende Situation augenblicklich. Das ist sehr schön und sehr befreiend. Ich gehe mir dabei sozusagen selbst aus dem Weg und gebe den Raum für Lösungen frei.

Immerhin, das Loslassen bringt mir viele Erfolge, viel Erleichterung, das ist schon eine große Sache. Lieber wäre mir freilich oft, aufzugeben. Was aber, wie gesagt, meistens nicht geht.

Warum ist das Aufgeben so schwer? Darauf hatte ich bald eine Antwort. Das Aufgeben ist wie ein Selbstmord für das menschliche Selbst. Wenn das menschliche Selbst aufgibt, stirbt es. Es will aber nicht sterben! Es will ein schönes, gutes Leben haben. Natürlich nach seinen Vorstellungen und mit Unterstützung des göttlichen Selbsts natürlich. Nach dem Motto: Alles ist gut, solange das menschliche Selbst die Kontrolle behält. Doch genau das geht nicht, und genau deshalb ist das Aufgeben so schwer. Denn im Aufgeben lässt das menschliche Selbst die Zügel los, es hat keine Kontrolle mehr.

Einzelne Sachen loszulassen geht viel leichter, da steht ja nicht gleich das ganze menschliche Selbst auf dem Spiel. Du kannst den Wunsch nach dem perfekten Partner oder nach viel Geld loslassen, das geht alles noch. Aber alles, was den Menschen ausmacht? All seine Bedürfnisse? Bzw. das, was du glaubst, was seine Bedürfnisse seien? (Siehe Manipulation.) Wenn du ein kleines Kind hast, ist das Aufgeben noch viel schwerer, denn dann musst du den Wunsch loslassen, dich täglich selbst mit deinen menschlichen Mitteln bestmöglich um dein Kind zu kümmern. Das traust du deinem göttlichen Selbst noch weniger zu, als dass es sich um dich kümmert.

Aufgeben ist also schwer, weil so viel auf dem Spiel steht. Andererseits, wenn bei dir gerade vieles schwierig ist und du auf dieses schwierige Leben schaust, merkst du schnell, dass du als Mensch das alles gar nicht bewältigen kannst, soviel kannst du dich gar nicht anstrengen. Also bleibt nur noch aufgeben als Lösung.

Ich habe bei meinen fehlgeschlagenen Versuchen aufzugeben bemerkt, dass ich etwas erreichen wollte. Ich wollte erreichen, endlich aufzugeben, ich wollte das schaffen. Als ich das bemerkt habe, konnte ich wirklich nur noch lachen. laugh Denn eines ist sicher: Mit Erreichenwollen erreicht man in der Neuen Energie das genaue Gegenteil dessen, was man erreichen wollte. Der Paradigmenwechsel lässt grüßen. wink

Nun Gut, was tun also all die Menschen, die aufgeben wollen, aber nicht können? Ich bin mir sicher, dass das einige Leser betrifft.

Akzeptiere, dass du nicht aufgeben kannst.

Gut, du kannst nicht aufgeben. Was soll’s? Dadurch beendest sofort einmal einen Kampf, nämlich das Ringen ums aufgeben. „Ich kann nicht aufgeben, aber ich will es!“ Da kämpfen zwei Pole miteinander. Die Dualität lässt grüßen. Wenn du jedoch akzeptierst und dadurch den Kampf beendest, breitet sich Friede in dir aus. Friede, ist das nicht der erste und vorrangigste Umgang mit allen Problemen?

Und wenn du dann Ruhe hast und den Frieden in dir spürst, stellst du fest, dass langsam alle Probleme egal werden. Sie sind dann irgendwie einfach nicht mehr vorhanden. Nicht nur das Aufgeben selbst ist dann bedeutungslos, sondern auch all der Unbill, weswegen du aufgeben wolltest. In dieser Haltung des Friedens kann es leicht sein, dass du Lust bekommst, etwas zu tun, was dir in diesem Moment richtig gut gefällt. Was immer das auch sein möge, vielleicht ein Nickerchen.

Dein ganzes Leben bekommt eine andere Dynamik in deinem Frieden. Genau das wolltest du ja ursprünglich. Vieles kann sich jetzt auflösen, es ist wieder der Raum für die ganz normalen Wunder entstanden.

Kurz auf den Punkt gebracht ergibt das also folgendes Bild:

Du kannst dir selbst, deiner Göttlichkeit, nicht vertrauen? → Aufgeben.
Du kannst nicht aufgeben? → Akzeptiere, dass du nicht aufgeben kannst.
→ Ende des Kampfes. → Friede. → Neue Wege.

Ist doch ganz einfach, oder? Und auch nicht wirklich schwer.