Was bedeutet Aufgeben?

Nichts geht mehr. Was immer du tust und versuchst, es geht nichts mehr, absolut nichts. Da hilft nur eins: Aufgeben.

Du kennst sicher solche Situationen, und ich kenne sie auch. Aber aufgeben, das sagt sich so leicht. Was heißt das eigentlich genau? Ich habe mir diese Frage manchmal gestellt, wenn ich wusste, ich muss jetzt aufgeben.

Im Zuge des Erwachens steht man oft vor der Situation, aufgeben zu müssen. Nach der Erleuchtung ebenfalls, wenn man wieder einmal in alte Muster und das Massenbewusstsein hineingeschlittert ist. Der Unterschied ist: Erwachenden fällt das Aufgeben sehr schwer, Erleuchteten fällt es wesentlich leichter, sie empfinden es als Gnade.

Ich definiere in diesem Beitrag nicht das Aufgeben, ich beschreibe seine Qualität anhand mehrerer Beispiele. Es geht darum, ein Gefühl dafür zu bekommen, was Aufgeben bedeutet.


Aufgeben bedeutet, nichts zu tun, um zu einer Lösung zu kommen. Weder in Taten noch in Gedanken. Vor allem nicht in Gedanken! Der Verstand spielt sich ja immer als Problemlöser auf, obwohl er überhaupt keine Lösungen kennt. Ständig kommen da die Gedanken, die sagen, „du musst dieses tun und jenes tun, und dich so und so verhalten, damit ...“. Damit was?

Aufgeben bedeutet, nichts erreichen zu wollen. Es gibt nämlich nichts zu erreichen, gar nichts. Nicht mehr Geld, Gesundheit und Beziehungen, nicht das schöne Leben und schon gar nicht die Erleuchtung. Einfach nichts. Da ist ständig eine Stimme, die dir sagt, was du alles erreichen musst oder willst. Wenn du auf sie hörst, ignorierst du das Leben, das sich jetzt, in diesem Moment, entfalten könnte. Der jetzige Moment ist nie gut genug, es muss etwas anderes erreicht werden. Und dabei verschließt du die Augen vor dem schönen Leben.

Aufgeben bedeutet, nichts zu hoffen, jede Hoffnung aufzugeben. Ah, das ist schwer, nicht wahr? Die Hoffnung ist seit Äonen das, was den Menschen ausmacht. Immer, wenn der jetzige Moment nicht gut genug ist, hoffst du auf einen besseren. Also so gut wie immer.

Aufgeben bedeutet, keine Pläne und keine Ziele zu haben, bzw. sich von ihnen zu verabschieden. Welche Funktion hätten Pläne und Ziele, wenn es nichts zu erreichen gibt? Sie halten dich am Laufen, am Funktionieren. Keine Pläne und Ziele zu haben bedeutet, keine Agenda zu haben. Keine Hintergedanken bei dem, was du gerade tust, egal was es ist.

Das Egal führt mich zum nächsten Punkt. Aufgeben bedeutet, dass alles total egal ist. Kannst du dir das vorstellen? Kannst du es fühlen? Wer das Gefühl hat, dass alles, wirklich alles, total egal ist, der hat aufgegeben.

Aufgeben bedeutet, sich nicht mehr wohl zu verhalten, das Wohlverhalten aufzugeben. Dabei denkst du vermutlich gleich an das Außen, an andere Menschen, an Behörden, Vorschriften und Regierungen. Ich aber spreche in erster Linie vom Wohlverhalten dir selbst gegenüber, deinen eigenen Vorschriften und Regeln gegenüber. „Ich muss täglich diese bestimmte Übung machen. Ich muss anders denken. Ich darf mich nicht aufregen.“ Usw. usf. Du hast Tonnen von diesen Vorschriften und verhältst dich demgemäß. Gib auf. Dieses Wohlverhalten kostet Unmengen von Energie und hält dich gefangen.

Aufgeben bedeutet, nichts mehr zu wünschen. Es sind deine Wünsche, die dich ständig nach etwas streben lassen, die dich am Laufen, also im Hamsterrad, halten. Die dafür sorgen, dass das Jetzt nie gut genug ist. Wenn du genau hinfühlst, kannst du spüren, dass Wünsche eine Last sind. Und wenn du das Wünschen aufgibst, gibst du das Sehnen auf, das eine noch größere Last ist und die Richtung und Wirkung der Wünsche noch verstärkt.

Aufgeben bedeutet, alles anzunehmen, wie es gerade ist. Auch hier denkst du vermutlich zuerst an das Außen, doch ich rede vom Innen. „Ich treibe mich schon wieder selbst an.“ Gut, dann ist das halt so. „Mein Verstand rattert unentwegt.“ Ich lasse ihn rattern. „Ich bin schon wieder im Wohlverhalten!“ Ja, so ist es jetzt eben. Wenn du nicht annehmen kannst, dann akzeptiere, dass du nicht annehmen kannst. Das bedeutet Aufgeben.


Keine Lösung zu suchen, nichts erreichen wollen, nichts zu hoffen, keine Pläne und Ziele zu haben, alles egal sein zu lassen, sich nicht wohl zu verhalten, nichts zu wünschen und alles anzunehmen, wie es gerade ist, egal was es ist. Das klingt doch so, als ob du damit dein ganzes Menschsein aufgibst! Dass du alles aufgibst, was dich ausmacht! Und in der Tat, das ist es auch. Aufgeben bedeutet nicht weniger, als das altgewohnte Menschsein aufzugeben. Deshalb fällt es den Menschen so extrem schwer. Es bedeutet aber nicht, den Menschen aufzugeben! Das Gegenteil ist der Fall.

Der souveräne Schöpfer hofft nichts und wünscht nichts; er ist planlos, ziellos und verfolgt keine Agenda. Er erschafft nur aus einem einzigen Grund, aus der Freude am Erschaffen. Und nicht, weil er etwas erreichen will.


Solange du in dem Modus es Erreichen-Wollens bist, schwimmst du gegen den Strom. Jeden Tag, jeden Moment. Das Leben trägt dich, es ist ein Fluss. Der Fluss fließt natürlich flussabwärts, aber du schwimmst ständig flussaufwärts. Spürst du, wie viel Energie dich das kostet? Und siehst du, wie wenige und schlechte Ergebnisse es bringt? Kannst du das ständige Streben in dir fühlen? Es ist eine Grundhaltung, nicht wahr?

Ich erinnere mich an das Frühjahr 2014. Ich bemerkte, wie energieaufwändig manche Bereiche meines Lebens waren. (Nicht alle, ich konnte mich auch ganz gut treiben lassen.) Und da fiel mir mein Streben auf. Ständig strebte ich nach etwas, es war immer präsent. Und da realisierte ich, wie anstrengend dieses Streben war. Was anderes sollte ich also tun als aufzugeben?

Je länger du dich im Prozess des Erwachens befindest, oder noch schlimmer, je länger du schon erleuchtet bist und noch immer das Streben in dir hast, desto giftiger wird es. Im wahrsten Sinn des Wortes. Es frisst deine gesamte Energie, und somit wirkt es sich auch körperlich negativ aus. Du bekommst alle möglichen Schmerzen und Krankheiten.

Du willst etwas erschaffen im Modus des Erreichen-Wollens, und es ist, als ob du gegen eine Betonwand laufen würdest. Es passiert einfach nichts in der Richtung, in die du erschaffen willst. Vor dem Beginn des Erwachens hat das alles noch funktioniert, am Anfang des Erwachens schlechter, dann immer schlechter, und schließlich gar nicht mehr. Wann also bist du bereit, aufzugeben?

An dieser Stelle tritt ein bemerkenswerter Effekt ein. Sobald du aufgibst, wirklich aufgibst, kommen die Dinge in Bewegung. Und dann geschehen die Wunder. Wie oft habe ich diese Erfahrung gemacht! Das neue Leben funktioniert nur so. Höchstwahrscheinlich hast du diese Erfahrung auch schon gemacht – und wieder vergessen. Beim nächsten Mal hast du wieder Anstrengung investiert und etwas erreichen wollen. Wenn du aufgegeben hast, stehst du dir selbst nicht mehr im Weg. Dann kann deine Göttlichkeit alle Dinge zu deinem Wohl arrangieren.

Ich spreche von „wirklich aufgeben“, denn Menschen handeln gerne so: „Ich gebe auf, damit ich erreiche, was ich will.“ Das funktioniert natürlich nicht. Das ist der menschliche Versuch, seine eigene Natur auszutricksen.


Aufzugeben ist für den Menschen total befreiend. Weiter oben habe ich beschrieben, dass das Aufgeben bedeutet, das altgewohnte Menschsein aufzugeben. Die alte menschliche Existenz hat Angst davor. Aber sie ist nur eine Identität, die du jetzt nicht mehr brauchst, sie ist nicht der ganze Mensch. Der Mensch wird im Aufgeben befreit. Endlich muss er sich um nichts mehr kümmern! Endlich werden seine Nerven wieder geschont, endlich muss er nicht mehr riesige Mengen von Energie in lästige Kleinigkeiten investieren.

Am Anfang wird das Aufgeben von starker Traurigkeit gefolgt. Das ist die Trauer um die alte menschliche Identität. Doch schon nach kurzer Zeit beginnen die Veränderungen, und der Mensch kann beginnen, wirklich zu leben. Und dadurch lebt auch der Gott im Menschen.

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Gestern abend habe ich noch bei Dir diesen Artikel gelesen. Etwas in mir reagierte sofort und für mich war klar, mein Thema heute. Ich bin ins Bett und habe zu mir laut gesagt: Ich gebe auf der Kampf ist verloren. Nicht nur ein bisschen sondern völlig. Mir wurde klar wie sehr ich wieder etwas sein wollte anstatt es zu sein. Ich bin es doch schon.
Mir fiel der Vergleich ein, das ich versuchen würde ein Mensch zu sein. Ich tue alles um es endlich zu sein. Irgendwas fehlt noch...noch ein Buch... noch ein Gespräch.. noch ein Workshop..u.s.w. ich quäle mich, weil ich es immer noch nicht bin. Dabei bin ich es die ganze Zeit schon.Ich kann absolut nichts tun um es zu sein nur erlauben! Ich kann nichts werden was ich schon bin! Ich kann denken das ich es noch nicht bin. Ich lasse alles denken los, jeder Versuch es zu sein. Ich habe sogar das loslassen/ erlauben im Verstand "getan."
Ich fühlte mich augenblicklich so frei unglaublich. So befreit alles in mir atmete auf. Da war es wieder mein ICH BIN. Ich muss nichts sein, ich bin es schon. Wähle einfach es zu sein. Was auch immer! Es fühlte sich so himmlisch an so leer zu sein so befreit von allem wow. Und gleichzeitig bin ich total voll ich bin alles.Jetzt sehe ich es. Ich bin das ich bin. Ich bin vollständig realisiert und nicht erst seit gestern. Ich spielte nur mal wieder mit mir. Ich liebe mich und bin unsagbar glücklich.

Nein ich bin nicht über alle Berge für immer verschwunden.Was soll ich auch da...
Ich habe mich kurze Zeit aus allem zurück ziehen müssen. Ich brauchte diese Zeit unabdingbar für mich ohne Kompromisse. Ich musste noch ein paar alte Überzeugungen von Bord schmeissen. Ich hatte das Gefühl jeder wirklich jeder quatscht mir rein. Ich war viel sauer und wütend. Jetzt nicht mehr. Ich sehe es kann aber absolut bei mir bleiben. In Liebe bei mir und den "anderen." Ich sehe es gibt nur mich und immer wenn ich kämpfe, kämpfe ich nur gegen mich. Meine Souveränität überrascht mich fast immer noch. Ich habe alle Antworten in mir selbst. Das kenne ich schon solange aber jetzt ist es hier in meiner Realität. Ich habe es mir erlaubt in Liebe erlaubt. Ich lebe und liebe die Einheit. Der letzte Schritt ist längst getan. LG Ramona und Rose oder Ramona Rose