Über die Schöpferkraft von Gedanken wurde viel geschrieben, viel geredet und viel experimentiert. Mitunter auch gestritten. Da gibt es die Mentalisten, die fest davon überzeugt sind, dass ihre Gedanken ihre Welt erschaffen, dass sie mit Gedankenkraft das in ihr Leben ziehen, was sie wollen. Aus dieser Ecke kommen die Strömungen à la Positives Denken. Mike Dooley etwa, der in dem Film und Buch The Secret weltweit bekannt wurde, sagt schlicht: „Thoughts become things“, also „Gedanken werden Dinge“, was er nicht müde wird zu wiederholen. In seinem Leben hat er immer wieder diese Erfahrung gemacht und schreibt Bücher darüber.
Auf der anderen Seite gibt es spirituelle Menschen, die einfach sagen, dass Gedanken gar nichts erschaffen. Es sind Gefühle, vor allem die aus dem Herz, die die Realität erschaffen. Es sind die Glaubenssysteme, die innere Haltung usw. Der Verstand sei nicht in der Lage, mit seinen Gedanken etwas zu erschaffen, eine bestimmte Energie anzuziehen.
Und natürlich gibt es auch die Menschen, die überhaupt meinen, dass sie nicht selbst ihre Realität erschaffen, sondern die Außenwelt oder höhere Mächte oder der Zufall. Aber die verirren sich wahrscheinlich nicht auf meine Homepage. Und wenn doch, gewinnen sie hoffentlich die Einsicht, dass nur sie selbst, und sonst niemand, ihre Welt erschaffen.
Wer hat nun recht? Erschaffen Gedanken deine Realität?
Die Antwort ist eindeutig Ja. Das mag nun manche Menschen überraschen, die sich schon seit Jahren liebevoll der Reise zu sich selbst widmen und auf ihre Gefühlswelt achten.
Und die Antwort ist eindeutig Nein. Um die Verwirrung komplett zu machen.
In Gespräche mit Gott von Neale Donald Walsch wird es ganz simpel auf den Punkt gebracht: „Es ist der Gedanke hinter deinem Gedanken, der deine Realität erschafft.“
Was heißt das nun? Gedanken existieren ja nicht im luftleeren Raum, sozusagen. Sie sind die Wirkung, die Folge von etwas. (Und natürlich stellen sie andererseits die Ursache für andere Ereignisse dar. Darauf will ich im Moment nicht hinaus.) Gedanken sind ein Ausdruck von dir oder eines Teils von dir. Wenn du zB glaubst, viele Bewerbungen schreiben zu müssen, um einen guten Job zu bekommen, drückt sich das in deinen Gedanken aus. Du denkst daran, wo und wie du dich bewirbst und wie viele Bewerbungen du schreiben wirst oder musst. Andere Gedanken denkst du in diesem Beispiel nicht, wie zB dass du dich nur aufs Sofa legen und warten wirst, bis dich dein Traumarbeitgeber anruft. Deine Gedanken drücken deinen Glauben aus, dein Verstand sucht innerhalb dieses Glaubens nach Lösungen. Heißt hier: viele Bewerbungen schreiben, Bewerbungen nach aktuellem Trend verfassen, erlernte Fähigkeiten gut präsentieren, bei einem Vorstellungsgespräch die beste Kleidung tragen, dem Gesprächspartner immer recht geben usw.
Wenn du glaubst, nie Millionär sein zu können, kommen keine Gedanken, die dich als Millionär sehen. Wenn du glaubst, einen Partner in deinem Leben zu brauchen, kommen keine Gedanken, die dein Leben alleine ohne Partner zeichnen. Die Liste kann nun beliebig fortgesetzt werden.
Gedanken sind also eine Ausdrucksform von dir und von Teilen von dir. Das meint Walsch mit dem Gedanken hinter dem Gedanken. Dieses Dahinter, dieses Du, dieser Teil von dir erschafft deine Realität. Deine Gedanken drücken deine inner Haltung aus, deine innere Haltung ist das Schöpferwerkzeug. Die innere Haltung ist der Gedanke hinter dem Gedanken.
Deine Gedanken verraten dir etwas über dich, sie zeigen dir, wie du gestrickt bist. Sie zeigen dir deine Haltung zu allen möglichen Themen des Lebens, sie zeigen dir deine Glaubenssysteme. Darin liegt ein großer Wert. Sieh dir an, was du denkst, und du erkennst etwas über dich. Nimm dir ein beliebiges Thema her: Partnerschaft, Wirtschaft, Geld, Arbeit, Politik, Spiritualität, Souveränität … egal was. Du wirst feststellen, dass sich die meisten deiner Gedanken ähneln, dass sich dieselben Gedanken wiederholen. Ich sage nicht, dass du darüber nachdenken sollst, was du zu diesem Thema denkst. Sondern ich sage, dass du dir einfach anschauen sollst, was im Verlauf eines Tages, einer Woche deine Gedanken zu diesem Thema sind. Und schon siehst du deine innere Haltung und deinen Glauben. Schon siehst du, was du ständig aussendest. Und das, was du aussendest, bekommst du, deine Aussendung ist deine Schöpfung.
Viele spirituelle Texte stammen aus dem Englischen bzw. aus dem Amerikanischen. In den deutschen Übersetzungen wird dann das englische mind mit Verstand übersetzt. Diese Übersetzung ist unzulänglich und nur halb zutreffend, aber es gibt kein einzelnes deutsches Wort, das die exakte Übersetzung von mind wäre. Eckhart Tolle macht es verständlicher, er beschreibt, was er unter mind versteht, nämlich den Verstand plus die konditionierten Gefühle. Das wäre dann auch eine zutreffende Übersetzung des Wortes. Die konditionierten Gefühle werden im Englischen einfach emotions genannt, während die tiefen Gefühle des Herzens, die deine Wahrnehmung deiner selbst und der Welt sind, feelings genannt werden. Im Deutschen hingegen wird Emotion einfach als Fremdwort für Gefühl verstanden und drückt letztlich dasselbe aus. Die englische Sprache ist in diesem Bereich klarer und deutlicher. In meinem ersten Buch spreche ich von Bauchgefühl und Herzgefühl, um eine brauchbare Unterscheidung zu treffen.
Die Bauchgefühle sind also die konditionierten Gefühle, die erlernten Gefühle, die Emotionen. Wenn ein Mensch, der nie Angst vor Hunden hatte, eines Tages von einem Hund gebissen und übel verletzt wird, entwickelt er vermutlich Angst vor Hunden. Diese Angst ist dann ein konditioniertes Gefühl, ein Bauchgefühl. Um Herzgefühle deutlich wahrnehmen zu können, braucht der noch schlafende Mensch etwas Übung. Du betrittst einen Raum und achtest darauf, wie du diesen Raum und die darin befindlichen Energien wahrnimmst. Du achtest auf deine Herzgefühle. Das kannst du natürlich auch bei einem Hund machen, sofern nicht eine Menge Bauchgefühle deine tiefe Wahrnehmung überlagern.
Das Wort Emotion kommt aus dem Lateinischen und heißt auf Deutsch Ausdruck. Ah! Deine Gedanken sind ein Ausdruck von dir, und deine Bauchgefühle sind ein Ausdruck von dir! Beide spielen eng zusammen und stehen in wunderbarer Wechselwirkung. Deine Gedanken erzeugen Bauchgefühle/Emotionen und umgekehrt. Sowohl Gedanken als auch Bauchgefühle sind Energie. Gemeinsam und in Wechselwirkung sind sie in der Lage, Energie von außen anzuziehen oder fernzuhalten.
Und beide zeigen dir deine innere Haltung und deine Glaubenssysteme. Im vorigen Beispiel mit dem Hund glaubt der Mensch, dass Hunde für ihn gefährlich sein können. Dieser Glaube wird in Bauchgefühlen und Gedanken ausgedrückt. Vermutlich denkt dieser Mensch so ähnlich Dinge wie „Ich muss weglaufen“, „Ich muss den Hund verjagen“, „Wie kann ich dem Hund aus dem Weg gehen oder ihn einschüchtern?“ oder „Wie werde ich mit meiner Angst fertig?“. Seine Gedanken drücken seinen Glauben aus.
Hast du schon einmal erlebt, dass du bestimmte Gedanken hegtest und genau das dann passierte, in dein Leben trat? Bestimmt kennst du das. Also kannst du wohl nicht ganzen Herzens behaupten, dass Gedanken nicht deine Welt erschaffen. Nach meinen Ausführungen siehst du aber, dass es nicht die Gedanken an sich sind, sondern das, was dahinter steht. Und genau das drückt sich durch deine Gedanken (und durch deine Bauchgefühle) aus.
Ein einzelner Gedanke für sich genommen erschafft gar nichts. Das weißt du auch. Du siehst ganz deutlich, dass sich viele deiner Gedanken nie manifestieren. Also die Gedanken nur für sich alleine betrachtet haben keine oder nahezu keine Schöpferkraft. (Ein kleines bisschen schon, denn sie sind Energie und stehen im Austausch mit anderen Energien.) Deshalb ist es auch völlig unsinnig, seine Gedanken steuern und kontrollieren zu wollen. Es ist auch deshalb unsinnig, weil man damit ja nur an der Auswirkung von etwas arbeiten würde, am Ausdruck, nicht an der Ursache, nämlich der inneren Haltung und den Glaubenssystemen.
Und schließlich ist es vor allem deshalb unsinnig, weil damit ein energetischer Kampf geführt wird. Ein Mensch, der seine Gedanken steuern will, kämpft gegen die Gedanken, die da scheinbar von selbst kommen, und er will diese Gedanken wegschieben, verdrängen, eigentlich töten. Und was passiert bei einem Kampf? Der Gegner wird größer, weil er Energie bekommt. Gedankensteuerung und Gedankenkontrolle haben also gar keinen Sinn.
Ein weiterer Aspekt zum Thema Schöpferkraft von Gedanken wird in der allgemeinen Diskussion meistens vernachlässigt: Gedanken steuern deine Wahrnehmung. Du bist mit einer Situation oder einem Ereignis konfrontiert und hast zumeist unmittelbar Gedanken dazu. Deine Gedanken kommentieren und bewerten die Situation / das Ereignis. Und das bestimmt in den meisten Fällen deine Wahrnehmung, zumindest zum Teil. Entsprechend deiner Wahrnehmung nimmst du eine bestimmte Haltung ein, hast Emotionen und sendest dieses Bewusstsein aus, was wieder entsprechende Energie in dein Leben zieht. Du erschaffst durch deine Wahrnehmung, und Gedanken spielen dabei eine Rolle, in der Regel keine untergeordnete.
Und wieder kommen deine Gedanken von deiner Konditionierung, von deiner Haltung zu einem bestimmten Thema und von deinen Glaubenssätzen. Deine Realität besteht ja nicht aus dem Vorhandensein eine Situation in deinem Leben, sondern daraus, was du zu dieser Situation denkst und fühlst, wie du sie einschätzt und bewertest, wie du mit ihr umgehst.
Du siehst also, es hat wenig Sinn, die Bedeutung deiner Gedanken zu ignorieren, denn sie haben eine. Und die Bedeutung liegt nicht darin, dass einzelne Gedanken für sich genommen etwas erschaffen würden, sondern darin, dass sie dir zeigen, was du aussendest, wie du wahrnimmst, was du glaubst. Im Konzert mit deinen Bauchgefühlen und den inneren Haltungen, die du einnimmst, erschaffen sie deine Realität.
Was also tun bei lästigen Gedanken? Du kennst bestimmt die Situation, dass es in deinem Leben ein Thema gibt, das dir gar nicht gefällt, und dass du dieses Thema schon länger hast und nicht loswirst. Deine Gedanken zu diesem Thema sind immer wieder dieselben, ebenso deine Bauchgefühle, die daraus entstehen, und ebenso die Ereignisse in deinem Leben dieses Thema betreffend. Deine Gedanken kommen wie von selbst, du hast nicht den Eindruck, dass du diese Gedanken gewählt hast. Und du kannst dir schon ausmalen, was passieren wird. Sie werden sich wieder manifestieren, das Thema wird weiter da bleiben. Da kann man sich so richtig schön ohnmächtig fühlen. Die Gedanken kommen von selbst, irgendwie wie gegen deinen Willen, du sendest wieder dasselbe Bewusstsein aus und erhältst wieder dieselben Umstände.
Was tust du in so einem Fall am besten niemals? Versuchen, deine Gedanken zu steuern. Auch nicht, sie zu ignorieren. Und schon gar nicht, sie zu verdrängen. Lass deine Gedanken, wie sie sind. Auf der anderen Seite musst du ja nicht unbedingt etwas tun, um diese Gedanken noch zu verstärken oder zu verlängern.
Du bist nicht ohnmächtig. Deine Macht liegt in deiner Antwort, die du diesen Gedanken gibst. Es sind ja nicht nur Gedanken, sie drücken etwas von dir aus. Ignorieren wäre also Selbstignoranz, Verdrängung wäre Selbstunterdrückung. Du kannst antworten, am besten mit einer Wahl. Wähle, wie du mit diesem Thema umgehen möchtest. Nicht mehr. Diese Wahl löst einen Prozess in dir aus. Das in dir, das diesen Gedanken zugrunde liegt, wird sich verändern. Damit verändern sich automatisch deine Gedanken. Und schon ist der Cocktail, der deine Realität erschafft, anders gemixt.
Happy thinking!
Happy choosing!
Mike Dooley im Internet: http://www.tut.com/theclub
Neale Donald Walsch im Internet: http://www.nealedonaldwalsch.com
Eckhart Tolle im Internet: http://www.eckharttolle.com