Ozean des Bewusstseins

Seit einiger Zeit erlebe ich häufiger eine Ebene von mir, sodass ich heute einmal darüber schreiben möchte, obwohl mir hier Worte äußerst unzulänglich vorkommen. Es ist eine tiefe Ebene in mir, und ich erlebe sie während des Schlafens. Am deutlichsten kann ich sie im Übergang vom Schlaf zum Wachzustand erfahren, weil ich da schon Verbindung zu meinem Wachbewusstsein habe und trotzdem noch die Dimensionen des Traumzustandes erleben kann. Mittlerweile kann ich diesen Zustand schon ziemlich lange halten, manchmal sogar mehrere Stunden.

Heute war es wieder soweit, ich bewegte mich am Vormittag (für mich Schlafenszeit) mindestens zwei Stunden lang auf dieser Bewusstseinsebene. Die Ebene liegt tief, sehr tief. Und sie ist überraschender Weise dunkel. Ich musste an Tobias’ Aussage denken, dass unsere Dunkelheit unsere Göttlichkeit sei. Doch das passte nicht. Tobias sprach von dem dualen Licht-Dunkel-Begriff, ich nicht. Auf meiner tiefen Ebene ist es eben dunkel, wie der Nacht, in der aber Mond und Sterne leuchten. Es ist also nicht stockfinster. Und es ist nicht dunkel in dem Sinn von böse, schlecht, nicht wünschenswert oder so.

Mir fiel ebenfalls die chinesische Yin–Yang–Theorie ein, die ich ja aus meiner Feng-Shui-Zeit bestens kenne. Meine tiefe Ebene entspricht stark dem Yin. Dunkel, sie ist auch feucht, wie das Yin, und nährend. Allerdings nicht kühl, sondern eher warm. Und noch ein Element passt nicht zum Yin. In der chinesischen Theorie repräsentiert Yin auch die Erde, Yang den Himmel, also wäre Yin eher menschlich, Yang eher göttlich. Meine tiefe Ebene ist aber definitiv göttlich, also Ich im ursprünglichsten Sinn, losgelöst von meiner menschlichem Identität, genannt Ego, nicht aber losgelöst von meinem Menschsein, denn das ist absolut göttlich.

Diese Assoziationen hatte ich während meiner Bewusstseinsreise, mehr im Traumzustand, nicht danach. Ich sage das, um dir zu veranschaulichen, wie sehr ich meinen Traumzustand mit meinem Wachzustand wahrgenommen habe, wie sehr die beiden schon parallel existieren und– mir voll bewusst – interagieren und miteinander spielen.

Ich war also auf dieser Ebene, oder noch besser ausgedrückt, in diesem Bereich, in dieser Schicht. Ja, Schicht ist vielleicht das beste Wort, denn ich habe sie nicht als etwas empfunden, worauf ich gehe, sondern als etwas, in dem ich schwebe. Diese Schicht ist dunkel, feucht, warm, göttlich, nährend, liegt sehr tief und ist, wie alles Göttliche, völlige Geborgenheit und ein Bereich der unbegrenzten Möglichkeiten. Ich kann wahrnehmen, wie ich als Wesen ganz allgemein und als Mensch auf der Erde alle Möglichkeiten habe. Und alles ist leicht zu erreichen, ich brauche es mir nur vorzustellen. Ich kann nicht behaupten, dass ich dort eine umfassende Klarheit und einen Weitblick habe, wie ich es empfinde, wenn ich in meinem Bewusstsein hoch oben bin, aber das spielt in dieser Schicht keine Rolle. Ich bin geborgen wie der Embryo im Mutterleib, habe aber, anders als der Embryo, unbegrenzte Möglichkeiten. Ich fühle mich durch alles durch, kann mit allem, was kommt, leicht und spielerisch umgehen, ich brauche dort also nicht die Klarheit und den Weitblick. Das heißt, eine Form von Klarheit gibt es schon: die Klarheit über mich, über meine Existenz.

Aus meiner Beschreibung dürfte es dir leicht fallen, nachzuvollziehen, dass diese Schicht wie das Paradies ist. Volle Bewusstheit, Geborgenheit und unbegrenzte Möglichkeiten. Deshalb verweile ich so gerne so lange in dieser Schicht. Wie ich schon sagte, ich erlebe das oft in letzter Zeit, so kommt es mir zumindest vor. Als ich das heute erlebte, war mir, als hätte ich das in den letzten paar Wochen fast jeden Tag erlebt. Vielleicht waren es aber auch nur zwei, drei Male, und es war mir deshalb so bekannt, weil ich das in anderen Bewusstseinsebenen so oft erlebe, oder diese Schicht in anderen Bewusstseinsebenen so präsent ist. Jedenfalls hatte ich heute noch während meines Aufenthalts in dieser Schicht den Wunsch, darüber zu schreiben. Und ich musste das auch im heutigen Leuchttur mstrahl verarbeiten. wink

Das Schweben in dieser Schicht fühlt sich ein bisschen so an, als würde ich in einem riesigen Ozean schweben. Schweben, nicht schwimmen. Andererseits ist es so, als ob ich selbst dieser Ozean wäre. Das, was schwebt, ist vielmehr der Punkt meiner Aufmerksamkeit. Ich schwebe im Bewusstseinsmeer, ich bin das Bewusstseinsmeer, ich erforsche mein eigenes Bewusstsein. Und da fiel mir ein, dass Tobias in Reise der Engel genau diese Metapher verwendet hat, Bewusstseinsmehr (ocean of consciousness).

Der vollständige Übertritt ins menschliche Wachbewusstsein, also mein vollständiges Aufwachen aus dem Traumzustand, fühlt sich an wie der Fall aus dem Paradies. Es ist wie die Geburt als Mensch, oder genauer gesagt, mein Eintreten in den menschlichen Körper, was üblicher Weise in den ersten paar Schwangerschaftsmonaten geschieht. Heraus aus der Weite des Ozeans in die Enge der menschlichen Existenz. Der Eindruck der Enge entsteht aber nicht durch den dichten Körper, durch die dichte Materie, sondern durch die Enge des Bewusstseins. In der üblichen menschlichen Existenz weiß der Mensch sehr, sehr wenig über sich, er lebt in der Illusion dieses winzigen, menschlichen Ego-Ausschnitts. Im Vergleich zum gesamten Ozean ist das nicht mehr als ein kleines Boot auf der Wasseroberfläche, das von Wind und Wellen geschaukelt und getrieben wird. Total begrenzt.

Und noch etwas geschieht, wie beim Eintritt in den Körper: Vergessen! Ich kann es ganz genau und sogar über einen ziemlich langen Zeitraum mitverfolgen. Sobald ich mich dazu entschließe, jetzt aufzuwachen und aufzustehen, schwindet mein Empfinden und Erleben dieser Schicht, ich vergesse immer mehr, wie sie beschaffen ist und was ich da erlebe. So, als ob ich völlig machtlos dagegen wäre. Mir bleibt nichts übrig, als mir beim Vergessen zuzuschauen. So entstand und entsteht die Trennung bzw. der Glaube der Trennung. Der Ort, an dem ich mich als Mensch wiederfinde, ist ein winziger Ausschnitt meines Bewusstseins, und nicht einmal der schönere Teil davon. Was ich also hier schreibe, ist eine blasse Erinnerung an das tatsächliche Erlebnis.

Und ich habe eine gute Nachricht für mich: Ich bin nicht machtlos gegen das Vergessen. Abgesehen davon, dass ich meinen Bewusstseinszustand zwischen Traum und Wachsein fast schon beliebig lang prolongieren kann, kann ich im Wachzustand einen Teil des Empfindens dieser Schicht schon recht lange halten. Heute ging es länger als eine Stunde, und einen Teil davon habe ich jetzt, um 16:00 Uhr, noch immer. Ich bin nicht machtlos, ich brauche nur etwas Übung.

Ich verstehe unter einem aufgestiegenen Meister auf der Erde einen Menschen, der sich seines ganzen Wesens die ganze Zeit über voll bewusst ist, der entweder keine Illusionen hat oder sie bewusst erschafft, um etwas bestimmtes zu erleben, und der kraft seines Bewusstseins seine Möglichkeiten ausschöpfen kann und ausschöpft. Ich fühle mich auf dem Weg dorthin.

Mir fiel natürlich auch die Ebene ein, die ich in meinem letzten Blog Fallen lassen beschrieben habe. Die Ebenen haben unterschiedliche Attribute, die im letzten Blog war zB nicht feucht. Aber es ist dieselbe Ebene, dieselbe Schicht. Bloß habe ich sie beim Fallenlassen von einer anderen Bewusstseinsebene aus erlebt, von einer völlig wachen. Es ist dasselbe Ding von zwei verschiedenen Standpunkten aus betrachtet.

Und beim Schreiben dieses Blogs fällt mir ein, was ich sonst in den letzten Monaten erlebt und geschrieben habe. Mein Initialerlebnis der zweiten Stufe des Erwachens im Herbst, das einfache Umlegen der Schalter, wie in Wohin ich gehe beschrieben, die Erlebnisse des Fallenlassens, und nun das Bewusstseinsmeer. Immer geht es darum, andere Ebenen von und in mir immer deutlicher und immer länger wahrzunehmen, sie immer mehr in meine menschliche Existenz zu bringen und mit ihnen zu spielen. Dieser Weg gefällt mir. smiley