Ach, die lieben Männer!

Ausnahmsweise widme ich diesen Beitrag ausschließlich den erwachenden Männern. Das bedeutet natürlich nicht, dass er nicht auch für Frauen interessant sein kann, aber ich wende mich hier dezidiert an die Männer, an ihre spezifisch männlichen Problemstellungen. Denn die gibt es, obwohl es ihnen selbst gar nicht so sehr bewusst ist.

Über lange Zeit wandten sich fast ausschließlich Frauen an mich, Männer waren die Ausnahme. Das liegt natürlich an mir, denn ich hatte mein ganzes Leben lang eine ausgeprägte Affinität zu Frauen (und habe sie noch immer), die mit Sexualität nur am Rande zu tun hatte, wenn überhaupt. Die Frauen, die auf meine Website finden, spüren das sicher auf irgendeiner Ebene ihres Seins. Erste seit ca. eineinhalb Jahren kontaktieren mich deutlich mehr Männer als früher, und mir fallen da ein paar Dinge sehr deutlich auf.

Zuerst möchte ich aber noch etwas erzählen, was mir jetzt gerade eingefallen ist, eine Begebenheit aus meinem alten Leben. In jener Zeit war ich noch nicht einmal 25. In einem Lokal, das ich damals öfter besuchte, traf ich zufällig einen alten Bekannten aus der Studienzeit. Wir waren nicht befreundet, nur bekannt, aber es gab da eine Resonanz. Er war in Begleitung einer Frau. Zu dritt kamen wir schnell in Gespräche über wesentliche Dinge das Lebens, nicht über so oberflächliche Dinge wie Beruf, Geld oder ähnlichen Unsinn. Ich erinnere mich wörtlich an einen Satz, den ich gesagt habe: „Frauen sind sowieso die besseren Menschen.“ Das war damals meine tiefste Überzeugung. Ich hatte einen riesigen Respekt und eine große Ehrfurcht vor der Kraft der Frauen. Ich bewunderte ihre unendliche Fähigkeit, auszugleichen und zu integrieren. Männer hingegen waren für mich einfach Männer. Nicht schlecht, aber eben einfach nur Männer. Frauen hingegen hatten für mich geradezu etwas Überdimensionales. (Und ich bitte dich jetzt, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Ich hatte keine dominante Mutter, keine Übermutter, und ich hatte nie Angst vor irgendeiner Art von Frau. Die sogenannten „starken Frauen“ waren für mich immer nur ein Märchen.)

Diese kleine Begebenheit hat eine Bedeutung für das, was ich sagen will. Und ich weiß, dass ich nicht der einzige Mann war/bin, der so empfand/empfindet.


In meinen Kontakten mit Männern auf meiner Website ist immer ein Element deutlich zu spüren, das bei Frauen nie zu spüren ist, und das lautet in etwa so: „Ich muss gut sein; ich muss besser sein; ich muss es schaffen; ich muss es hinkriegen.“ Ich glaube, dass das noch kein Mann wörtlich zu mir gesagt (bzw. geschrieben) hat, aber diese Energie steckt in fast jeder Aussage.

Männer müssen gut sein, sie müssen strahlen und Glück über andere bringen, sie müssen alles hinkriegen; Männer müssen die Welt retten. „Schneller, höher, weiter, größer, stärker, besser“, das sind die männlichen Prinzipien. Sie genügen nie, sie müssen immer besser und noch besser sein. Nichts, was sie jemals tun könnten, ist gut genug. Ist dir schon einmal aufgefallen, dass das Wort Versager nur Männern zugeworfen wird?

Die maskuline Energie ist die Energie, die hinausgeht und erforscht. Die feminine Energie ist die Energie, die einfach da ist und die nährt. Natürlich verfügen alle Menschen über beide energetische Qualitäten gleichermaßen, aber Männer agieren überwiegend die maskuline Energie aus, Frauen überwiegend die feminine.

So kommt es, dass es in praktisch allen Männern tief eingebrannt ist, für Frauen sorgen zu müssen. Ich glaube, ich bin kaum einem Mann begegnet, in dem nicht tief die Vorstellung verwurzelt ist, einer Frau etwas bieten können zu müssen. Männer trauen sich nicht auf Frauen zugehen, denen sie zu wenig bieten können. Was immer das auch sei. Geld, ein besseres Leben, ein gutes Ansehen … Männer fragen sich dabei nie, ob die betreffende Frau ihnen etwas bieten kann. Das spielt keine Rolle, das hat keine Bedeutung. Wichtig ist nur, dass der Mann der Frau etwas bieten kann.

Das sind ur ur uralte Dinge, die tief in Männern drin stecken. Und deshalb müssen sie gut, besser, stärker usw. sein. Über ihnen schwebt ständig das Damoklesschwert: „Versager!“ Das ist der ultimative Antrieb, weiter mit Volldampf voraus zu gehen.

Männer stehen ständig unter einem unvorstellbaren Druck, und sie bemerken ihn nicht einmal, weil sie nie etwas anderes kannten. Frauen können sich diesen Druck gar nicht vorstellen, weil sie diese Seite an den Männern nicht kennen. Männer reden auch nicht darüber, denn sie müssen ja alles hinkriegen.

Nun haben Männer beim Erwachen ohnehin schon einen Startnachteil gegenüber Frauen, weil sie es noch viel stärker als Frauen gewöhnt sind, alles mit ihrem Verstand anzugehen. Und der ist beim Erwachen eher ein Gegner denn ein Mitstreiter. Und sie haben noch mehr als Frauen gelernt, ihre Gefühle zu unterdrücken.

Trotz aller erschwerender Grundvoraussetzungen vernehmen genauso viele Männer wie Frauen den Ruf zum Erwachen, und beide machen sich auf den Weg. Dann kämpfen die Männer noch eine Weile ausgiebig in ihrem Verstand, bis sie die Aussichtslosigkeit erkennen. Und dann kommt noch ihr uraltes, männliches Muster voll zum Tragen. „Ich muss gut sein, ich muss besser sein, ich muss es hinkriegen.“ Ich muss!


Liebe Männer, entspannt euch!

Ihr müsst nicht nur nicht besser sein, ihr könnt gar nicht besser sein. Ihr müsst nicht nur nichts hinkriegen, ihr könnt gar nichts hinkriegen. Ihr könnt nichts richtig machen, ebenso wie ihr nichts falsch machen könnt. Erwachen und Erleuchtung können nicht gut oder schlecht gemacht werden, sie können nicht geschafft werden. Diese Dinge passieren ganz einfach, mit oder ohne euer Zutun. Ihr könnt niemals besser oder schneller sein als andere, weder als Frauen noch als andere Männer. Denn ihr seid perfekt, wie ihr seid. Es gibt keinen Verbesserungsbedarf und auch keine Verbesserungsmöglichkeit.

Ihr müsst niemand etwas beweisen, weder Frauen noch Männern noch Kindern, und schon gar nicht euch selbst! Ihr müsst nicht das strahlende Licht für die Welt sein, ihr müsst nur euer Licht in euch akzeptieren.

Lieber Mann, spürst du den Druck, den du dir selbst auferlegst? Deine Vorstellungen von Männlichkeit wurden dir über Äonen mitgegeben, aber du kannst jetzt wählen, sie links liegen zu lassen.

Seit einigen Jahren wird viel über die neue Weiblichkeit gesprochen, vor allem in spirituellen Kreisen. Ich liebe das. Und ich finde, es ist an der Zeit, über eine neue Männlichkeit zu sprechen. Das ist die Männlichkeit, die sich selbst nicht mehr unter Druck setzt, niemandem etwas beweisen muss und die genügt, so wie sie ist.